„Wir lassen uns vom Krisengerede nicht verrückt machen, sind aber bei allen Krisen dabei“, verkündete Rudolf Presel, Geschäftsführer der Bavaria-Klinik, schon im Bus auf der Besuchsfahrt des Presseclub Dresden nach Kreischa.
Dieser Satz trifft auf die Rehaklinik in mehrfacher Hinsicht zu. Erstens ist die Klinik am Hang mit ihren tausend Betten und 1.400 Mitarbeitern an sich ein Ort originärer Bewältigung psychischer Lebens- und physischer Gesundheitskrisen. Zweitens hängt der riesige Klinik-Komplex wie wir alle am derzeit zweifelhaften Tropf wirtschaftlichen Wohlergehens.
Drittens hat die Bavaria-Klinik in diesem Jahr eine Krise der ganz besonderen Art bewältigt: Sie wurde von einem Virus überfallen. Das klingt medizinisch eher unspektakulär, ist in der Auswirkung aber höchst brisant, denn der hüllenlose nur etwa 35nm (Nano-Millimeter) große aber aggressive Norovirus aus der Familie der Caliciviridae, betätigt sich beim Menschen als enormer Verdauungsbeschleuniger mit epidemischer Wirkung, erläuterte Chefarzt Frank Oehmichen beim Rundgang.
Virus-Epedemie: Ausnahmezustand im Klinikum
Wegen der fehlenden Hülle wirken bei Noro keine herkömmlichen Desinfektionsmittel. Um eine unkontrollierbare Verbreitung zu verhindern, musste binnen kürzester Zeit vom Kliniktrakt ein hermetisch isolierter Quarantäne-Komplex abgetrennt werden. Dazu wurden auf dem zehn Hektar großen Gelände nicht nur die Versorgungswege geteilt, sondern auch Türen abgesperrt und Wachmänner in Schutzanzügen aufgestellt. Ausnahmezustand.
„Ein solcher Fall war bisher in Krankenhäusern beispiellos“, erklärte der leitende Oberarzt Gert Grellmann, sodass Kreischa zum unfreiwilligen Pilotprojekt avancierte. Dank eiserner Konsequenz gelang es den etwa 600 Schwestern, 200 Therapeuten und 120 Ärzten ein medizinisches Chaos unter den Patienten zu verhindern. Einen vergleichbaren Notfall hatte 2002 die Flut bewirkt, als wegen befürchtetem und akuten Stromausfall kurzfristig 30 Frühgeburten und 150 Patienten ins Klinikum der TU Dresden und nach außerhalb evakuiert werden mussten.
Bei normalem Betrieb versorgt die Klinik jährlich etwa 800 Patienten, die zeitweise künstlich beatmet werden müssen.
Roland Fröhlich