Eigentlich sollte es um das Thema TSMC, staatliche Subventionen für den Standort und die Auswirkungen der Ansiedlung der Halbleiterindustrie in Dresden gehen. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) schenkt sich ein Glas Wasser ein und schaut durch den Raum im „Dresden 1900“ am Dresdner Neumarkt. Er weiß noch nicht, dass es an diesem Abend um mehr geht, als nur um TSMC.
»Insgesamt werden in den nächsten Jahren über 30 Milliarden Euro in Sachsen investiert.«
Doch erstmal soll Dulig zur Halbleiterindustrie in Dresden antworten. Ob denn die staatlichen Subventionen gerechtfertigt seien, fragt Andreas Weller. „Das ist eine riesengroße Chance, die wir nicht nur hier in Dresden, sondern für Sachsen gerade haben“, sagt Dulig. „Insgesamt werden in den nächsten Jahren über 30 Milliarden Euro in Sachsen investiert.“ Chips seien das Erdöl des 21. Jahrhunderts. Es sei eine strategische Investition, auch um die Wertschöpfung für die sächsische Wirtschaft zu erhalten. Sachsen sei wichtiger für Korea und Japan geworden. „Durch die Entscheidung von TSMC wollen die mit uns reden, denn die wollen mitwachsen“, sagt Dulig.
Doch mit Wachstum entstehen auch neue Herausforderungen. Für die vielen Mitarbeitenden muss Infrastruktur geschaffen werden. „Egal, ob wir über Infrastruktur im sozialen Bereich reden, über Kitaplätze, Schulplätze, Ausbildungsplätze, Weiterbildung, Qualifizierung oder über Wohnungen, über Straßen, über ÖPNV – das wird eine ganz zentrale Herausforderung sein“, so Dulig. Da spiele auch das Thema Wasser eine Rolle. Dafür stehe der Stadt alle Fördermittel zur Verfügung, die der Freistaat habe. Beispielsweise beim Staatsstraßenbau oder dem kommunalen Straßenbau.
Aber woher kommen die Fachkräfte? Eine Frage, die weitere Themen aufmacht, es geht auch ausländische Fachkräfte und deren Integration in den Arbeitsmarkt. Und um den demographischen Wandel in Sachsen. „Wir sind am Anfang einer problematischen Entwicklung“, sagt Dulig. „Wir werden bis 2030 über 300.000 Menschen auf dem sächsischen Arbeitsmarkt verlieren.“ Diese Menschen seien dann in Rente. Zuerst solle man in die „eigenen Leute“ investieren, die erste Antwort auf den Fachkräftekräftemangel könne nicht Zuwanderung sein.
Dennoch ist das Thema Zuwanderung ein großes. Gerade in Sachsen. Am Montag protestierten parallel zur Veranstaltung des Presseclubs circa 1.000 Menschen auf dem Schloßplatz. Lutz Bachmann will Pegida wieder auf die Straße bringen, auch Björn Höcke spricht. Vor diesem Hintergrund kommt Dulig schnell auf das „Image von Sachsen“ zu sprechen. „Wir haben ein Problem mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“, sagt Dulig. „Wir haben ein Problem mit AfD und Pegida.“ Man tue Sachsen aber Unrecht, wenn man den Freistaat darauf reduziert. Es engagierten sich viele Leute dafür, dass es anders wird. „Wir haben den Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen, wo Unternehmen selbst sagen, es ist notwendig etwas zu tun.“
Der Verein hat unter anderem ein klares Ziel: „Wir unterstützen die bedarfsorientierte und potenzialausgerichtete Fachkräftezuwanderung nach Sachsen.“ Beim Thema Fachkräftezuwanderung gibt es aber kritische Stimmen im „1900“. Man habe die vielen Menschen nicht richtig in den Arbeitsmarkt integriert. „Was ich nicht verstehe, ist, dass wir seit 2015 eine Unmenge junger, leistungsfähiger Leute hierher bekommen haben“, sagt ein Mann im Publikum. „Diesen jungen Menschen wurde keine Möglichkeit gegeben zu arbeiten.“
Dulig verstehe die Aufregung. „Wir haben dieses Potential nicht genutzt“, sagt er. Das damalige Zuwanderungsgesetz 2015 habe verhindert, dass die Leute auf den Arbeitsmarkt kommen. „Das damalige Gesetz meinte Ärzte und IT-Spezialisten“, so Dulig. Als Geflüchteter habe man erst einen bestimmten Status gebraucht, um Arbeit zu kriegen. Man habe aber das Zuwanderungsgesetz neu organisiert. „Dort ist auch der sogenannte Spurwechsel integriert“, sagt er. So hätten künftig auch Geflüchtete eine Chance, die bereits in Sachsen sind.
Text von Fionn Klose, Fotos von Stefan Scharf