Wahlforum zur Oberbürgermeisterwahl

Am 12. Juni wird in Dresden ein neuer Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin für die nächsten sieben Jahre gewählt. Es gibt neun Bewerber, darunter mit Eva Jähnigen von den Grünen die einzige Frau. Was wollen sie erreichen, was verändern? Gemeinsam mit dem Deutschen Journalistenverband Sachsen (DJV) hat der Presseclub Dresden am 9. Mai zu einem Wahlforum eingeladen. Aus Platzgründen haben wir uns auf die Bewerber der bereits im Stadtrat vertretenden Parteien beschränkt.

So stellten sich Amtsinhaber Dirk Hilbert (FDP), Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen, Landtagsabgeordneter Albrecht Pallas (SPD), Linke-Fraktionschef André Schollbach, Europaabgeordneter Maximilian Krah (AfD) und der Dresdner Piraten-Stadtrat Martin Schulte-Wissermann den Fragen der Moderatoren. an. Dankenswerterweise übernahmen Annette Binninger, Politikchefin der Sächsischen Zeitung, und DJV-Geschäftsführer Lars Radau diese Aufgabe.   Presseclub-Vorsitzender und DDV-Geschäftsführer Carsten Dietmann stellte uns die Räumlichkeiten im Haus der Presse sowie Getränke zur Verfügung. Seine Mitarbeiterinnen sicherten den reibungslosen Ablauf. Herzlichen Dank.   Zu den Zuhörern zählten wir zahlreiche Journalisten und Journalistinnen. In der Folge haben alle vier Tageszeitungen und weitere Medien berichtet. Neben unseren Gästen bewerben sich am 12. Juni: Jan Pöhnisch (Die Partei), Marcus Carsten Fuchs (Einzelkandidat) und Sascha Wolff (Einzelkandidat). Erreicht keiner der Bewerber am 12. Juni eine absolute Mehrheit, gibt es am 10. Juli einen zweiten Wahlgang.   Nahezu einig waren sich alle Bewerber, dass die Dresdner bezahlbare Wohnungen brauchen. Weitere Themen und Förderungen waren zum Beispiel:

Dirk Hilbert (Unabhängige Bürger für Dresden): Wir müssen die Mittel verdienen, die wir ausgeben, deshalb ist die Wirtschaft ein wichtiges Thema.

André Schollbach (Die Linke): Dresden muss besser und gerechter geführt werden. So müssen Klimaprobleme mit sozialer Frage gelöst werden. Es ist wichtig, etwas gegen unsägliche rechte Umtriebe zu tun.

Albrecht Pallas (SDP): Dresden hat unglaubliches Potenzial, ist aber die Stadt steht vor schwerwiegenden Veränderungen und ist aktuell nicht gut darin, die Alltagsprobleme der Dresdner zu lösen.

Eva Jähnigen (Grüne): Dresden soll liebenswert und stabil bleiben. Klimaschutz sei nicht nur ein Umweltthema, sondern auch ein Thema für die Wirtschaft. Dafür brauche es Steuerung durch die Oberbürgermeisterin.

Maximilian Krah (AfD):  Dresden braucht einen stärkeren Zusammenhalt. Der OB muss allen Demonstranten zuhören, egal ob es ihm passt und dürfe nicht zu Gegendemonstrationen aufrufen.

Martin Schulte-Wissermann (Piraten): Wichtigstes Thema ist das Abwenden der Klimakatastrophe. Auf jedes Dach gehören Solaranlagen, eine neue Ausrichtung der Sachsen-Energie und innovative Unternehmen ansiedeln.   

Text: Bettina Klemm
Fotos: Roland Fröhlich

Und hier noch eine kleine Geschichte vom DJV: 

Liebe Kollegin, lieber Kollege, es war eine kleine Premiere: “In dieser Konstellation sind Sie noch nicht aufeinandergetroffen”, konnte Moderatorin Annette Binninger, Politikchefin der Sächsischen Zeitung, mit etwas Stolz in der Stimme feststellen. Beim Wahlforum zur Dresdner Oberbürgermeisterwahl, das der Presseclub Dresden und der DJV Sachsen gemeinsam organisiert hatten, waren die “sechs vermutlich aussichtsreichsten Bewerber*innen” um den Chefsessel im Dresdner Rathaus eingeladen gewesen. Neben Amtsinhaber Dirk Hilbert (FDP, Mitte) waren am 9. Mai auch die Kandidat*innen André Schollbach (Linke, ganz links im Bild), Albrecht Pallas (SPD), Eva Jähnigen (Grüne), Martin Schulte Wissermann (Piraten, verdeckt) und Maximilian Krah (AfD, rechts außen) in die Lounge von Tag24 an der Dresdner Ostra-Allee gekommen. Was die Themen und die Antworten auf die Fragen von Binninger und Co-Moderator Lars Radau waren, können Sie unter anderem bei der Sächsischen Zeitung und den Dresdner Neuesten Nachrichten nachlesen – beide Texte stehen hinter der Bezahlschranke. Was wir Ihnen gern erzählen wollen, ist:
Eine kleine Geschichte über große Chuzpe
Bei der Frage, wer überhaupt auf das Podium gebeten wird, waren sich Presseclub und DJV schnell einig: Vertreter aller bislang auch schon im Rathaus vertretenen Parteien. Vor allem deshalb war Marcus Fuchs, Anführer der Dresdner Querdenker-Bewegung, nicht eingeladen. Er wäre aber auch sonst nicht erwünscht gewesen. Nicht allein deshalb, weil er gern und häufig über “Systemmedien” herzieht. Sondern, weil sich nach unseren Erfahrungen und den Analysen des Leipziger European Centre for Press and Media Freedom(ECPMF) im vergangenen Jahr 75 Prozent aller gewaltsamen Angriffe auf Journalist*innen im Umfeld der Demonstrationen von Corona-Maßnahmen-Gegnern ereignet haben. Die Details sind in der Studie “Feindbild Journalist” niedergelegt. Und auch in diesem Jahr gab es – unter anderem – in Dresden-Laubegast aus einer Querdenker-Demo heraus Angriffe auf Journalisten. Dort war offenbar auch Fuchs vor Ort – nach Angaben von “Dresden Nazifrei” filmend und nur einige Meter hinter den Angreifern. Diese Beweggründe haben wir sowohl einer Mitstreiterin als auch dem Pressesprecher von Fuchs am Tag des Wahlforums erläutert. Die Ansage der Frau war klar: “Wir werden trotzdem vorbeikommen”


Screenshot: Lars Radau

Und so kam es, dass der Querdenken-Anführer vor dem Verlagshaus gegen seine Nicht-Einladung protestierte – ein Stilmittel, dass er mittlerweile auch bei etlichen anderen Wahlforen angewendet hat. Die Zugänge waren, nicht zuletzt wegen der Ankündigung, auch von der Polizei gesichert. Sein Pressesprecher schickte noch einen “offenen Brief” an den DJV hinterher: Es brauche einen “Dialog”, um “aufzuklären, Spannungen abzubauen und die Berichterstattung der ‘alten Medien’ wieder näher an die erlebte Wirklichkeit aller Bürger zu bringen”. Auf seinem Twitter-Account war wenig später indes wieder von “Systemmedien” zu lesen.