Moderator der Arbeitsgemeinschaft Joachim Klose im Presseclub Dresden
Auch nach 75 Jahren bleibt die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten am 13., 14. und 15. Februar 1945 ein emotionales Ereignis und das Thema wird, gerade bei älteren Dresdnern, genauso gefühlsbetont diskutiert. Das zeigte sich wieder einmal im Presseclub Dresden bei dem Gedankenaustausch von Clubchef Andreas Weller mit Dr. Joachim Klose, dem Moderator der etwa 30 Vereine, Kirchen und gesellschaftlichen Gruppierungen, welche sich jedes Jahr für eine würdige Gedenk-Kultur in Dresden engagieren.
Kein leichter Job, denn auch die Dresdner Gesellschaft entwickelt sich und jedes Jahr kommen neue Aspekte hinzu und mit ihnen neue Schwierigkeiten, die es zu meistern gilt, um einen würdigen Ablauf der öffentlichen Gedenk-Veranstaltungen auf Altmarkt, Neumarkt, vor und in der Frauenkirche, in den Kirchen der Stadtteile und auf den städtischen Friedhöfen zu gewährleisten. In diesem Jahr nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an der zentralen Gedenkfeier im Kulturpalast teil. Die Sicherung der Veranstaltungen durch Polizeipräsenz war enorm.
„Die AG 13. Februar trifft sich mit Vertretern der einzelnen Interessengruppen etwa aller vier Wochen“, erläutert Joachim Klose, seit 2013 Moderator, „um allgemeine Richtlinien und Details zu besprechen.“ Die AG 13. Februar wurde 2009 von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) gegründet, um divergierende Interessen unter einen Hut zu bringen. „Das betrifft ja nicht allein die Organisation und den Verlauf der Menschenkette, die in diesem Jahr etwa 11.000 Menschen Hand in Hand für Toleranz und ein friedliches Miteinander vereinigte“, erklärt Joachim Klose, „sondern auch die Verhandlungen mit den Demonstrationsleitern radikaler Gruppierungen von links und rechts.“ Da hat natürlich unser harmoniebetonter Oberbürgemeister Dirk Hilbert ein Wörtchen mitzureden und die Sicherheitsbehörden. Die Gruppierung „Dresden nazifrei“ ist nicht in der AG 13. Februar.
Auf die Fage der Journalistin Bettina Klemm: „Brauchen wir denn noch die Menschenkette?“ antwortete Joachim Klose ganz klar: „Ja, wir brauchen sie, um die friedliche Absicht des Gedenkens sichtbar zu machen.“ Der 13. Februar, argumentierte SZ-Redakteur Jürgen Richter, rücke ja von Jahr zu Jahr immer weiter aus dem Gedächtnis der Bevölkerung, gerade auch der jüngeren, hinaus, eines Tages werde er ganz verschwunden sein.
„Jede Gedenk-Kultur braucht einen Ort“, entgegnete Joachim Klose, „der neben dem Mauersberger-Requiem und dem abendlichen Glockenläuten von allen Kirchtürmen der Stadt, die Menschen unterschiedlicher Generationen zum gemeinsamen Erinnern zusammenführt.“ Das Hier und Jetzt, die Einheit von Ort und Raum fördert ein stärkeres Gefühl der Gemeinschaft auch in jungen Menschen, für die der 13. Februar eigentlich nur ein historisches Datum sei. Deshalb sei der Neumarkt vor der Frauenkirche als weltweites Symbol für Versöhnung und friedliches Miteinander ein idealer Platz. Früher fanden Gedenkveranstaltungen auf dem Flächendenkmal Altmarkt statt, auf dem nach der Bombardierung etwa 7000 Leichen verbrannt wurden, um Seuchen zu verhindern. An dieser Stelle wurden nach der Wende zur Erinnerung die Fugen der Pflastersteine mit Metall gefüllt.
Unserem chinesischen Clubmitglied Hongfeng erscheint, dass sich die Dresdner zuviel mit den Formen des Erinnerns beschäftigen und weniger mit den Inhalten.
Clubmitglied Andreas Schulz fragte nach einem besonderen Ort des Erinnerns, zum Beispiel durch Aufstellen einer Stele. Es habe Überlegungen gegeben, erklärte Joachim Klose, zur Erinnerung einen Luftschutzkeller nachzubauen. „Bloß das nicht“, entfuhr es spontan Vorstandsmitglied Roland Fröhlich, der selbst als Kind mit der Familie im „Bombenkeller“ gesessen hatte.
Erhob sich die Frage: „Warum macht Dresden überhaupt so einen Kult um den 13. Februar? Das arme Dresden. Andere Städte sind auch bombardiert worden.“ „Ich glaube“, sagte Joachim Klose, „die Gedenktätigkeit kommt aus dem Trauma danach, als man sich allmählich bewußt wurde, was eigentlich passiert ist. Und man den verheerenden Schaden jeden Tag Augen hatte.“
„Die absolute Vernichtung von Städten hatten die deutschen Faschisten den Alliierten ja jahrelang vorgemacht. Denken wir an Coventry, London, Rotterdam und die vielen anderen Städte“, erinnerte Journalist Stefan Rössel und entkräftete damit den Einwand, Dresden, „die schönste Stadt Deutschlands“, in die sich viele Flüchtlinge gerettet hätten im Glauben, es würde nie bombardiert, haben die Aliierten unverständlicherweise ausradieren wollen. Daß Dresden zu jener Zeit die Stadt mit der größten Zahl von Mitgliedern der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei war, kam leider nicht zur Sprache, war aber mit Sicherheit ein Grund für das Desaster. Derartige historische Einsichten werden in Dresden nur zögerlich gezeitigt.
„Vielleicht schaffen wir es, durch diese schmerzhaften Erfahrungen einen Konsens herzustellen für ein Zusammenleben in Frieden, mit Toleranz und Respekt“, schloss Joachim Klose.
Text und Fotos: Roland Fröhlich