Presseclub besucht die Messe Dresden im Ostragehege
Weithin sichtbar in Dresdens Westen ist der zurzeit eingerüstete Turm des ehemaligen Heizhauses des früheren Dresdner Schlacht- und Viehhofes an der Flutrinne im Ostragehege, welchen der Stadtbaurat Hans Erlwein als größten und modernsten Schlachthof Europas mit insgesamt 30 Gebäuden von 1906 bis 1910 errichtete. „Schweinedom“ nannte der Dresdner Volksmund die turmartige Umbauung des Schornsteins, die nach vollendetem Umbau des geräumigen Heizhauses zu einem Veranstaltungsort offiziell „Erlweinturm“ heißen soll.
Nach der endgültigen Stilllegung des Schlachthofes 1995 verfielen die ohnehin überalterten Stallungen und Schlachthallen zusehends bis die Landeshauptstadt sich 1999 entschloss, im Zuge der Ansiedlung der Gläsernen VW Manufaktur auf dem Messegelände am Straßburger Platz, den Schlachthof zur Messe Dresden GmbH umzugestalten. Im Hinblick auf die schon eingespielten Messestädte wie Köln, Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Erfurt, Chemnitz und besonders der benachbarten Leipziger Messetradition ein ehrgeiziges Projekt.
Auf Einladung von Messe-Geschäftsführer Ulrich Finger besuchte der Presseclub Dresden die exponierte Kessel- und Heizhaus-Baustelle. Im Gespräch mit Journalistin Bettina Klemm zeigte sich Ulrich Finger optimistisch. Er kann während seiner zwölfjährigen Tätigkeit auf viele Erfolge verweisen: „Als ich hier anfing, hatten wir zwei eigene Messen und 18 Mitarbeiter, heute haben wir sieben Messen und 37 Mitarbeiter. Im November beispielsweise ist die Messe fast täglich belegt. Wir machen unsere Messen mit einem gewissen Flair, das kommt bei den Besuchern an.“
Aber auch mit Veranstaltung wie Konzerten verdiene die Messe Dresden Geld. Die wegen des Umbaues notwendige Schließung des Kulturpalastes habe sich für die Messe positiv ausgewirkt, denn Konzertveranstalter seien in die Messehallen gezogen. „Sowohl Reinhard Mey als auch Eric Clapton waren hier sehr zufrieden“, berichtet der Messechef, „im Endeffekt entscheidet der Künstler, wo er auftreten will.“ Um die Akustik zu verbessern, habe man für Konzerte eigens Schallwände eingebaut. Das habe sich sehr bewährt.
„Bewundernswert ist“, strahlt Ulrich Finger, „mit welchem Feingeist Stadtbaurat Hans Erlwein die Gebäude bis ins Detail entworfen und ausgeführt hat.“ Erlwein sei bei den Dresdner Beamten eher verhasst gewesen, aber die Gesamtkomposition sei so toll gemacht, „dass man heute noch die Qualität sieht, welche in seinen Bauten steckt.“ Das solle erhalten bleiben. Für die Sanierung des Heizhauses benötige der Eigentümer DGI Gesellschaft für Immobilienwirtschaft mbH Dresden, eine 100-prozentige Stadttochter, etwa 20 Millionen Euro. Man warte auf den nächsten Haushalt der Stadt. Wenn der Schlachthof Sanierungsgebiet würde, könnten auch Bundesmittel fließen. Ulrich Finger ist in Gesprächen mit der DGI über eine Art Mietkauf. Er stellt sich im Erlweinturm hochwertige Messen, aber auch stimmungsvolle Abendveranstaltungen in Ergänzung zu den Tagungen in der Messe vor. Dazu sollte es einen Verbindungsgang zwischen dem Erlweinturm und der Messehalle 1 geben.
Bis zum Frühjahr wird das Dach des Erlweinturms saniert. Dann könnte im nächsten Jahr geplant und 2021 gebaut werden. 2022 würde Finger gern die neue Immobilie nutzen. Parallel erarbeiten Studenten der TU Dresden Ideen für die Gestaltung des Umfeldes.
Die Bäckerinnung Dresden sei die größte in Deutschland. Glücklicherweise ist deren Fachmesse nach Dresden zurückgekehrt. Die Bäckermesse ist auch typisch für die Dresdner Messe. „Ich kann mir hier auch sehr gut eine sächsische Weinmesse vorstellen“, argumentiert Ulrich Finger. Er wollte gern eine Uhrenmesse auf die Beine stellen, aber die Hersteller seien untereinander so zerstritten, „da hat nichts geklappt.“ Ähnliche Erfahrung machte der Messechef mit einer angestrebten Kunstmesse.
Messe sei ein heikles Geschäft, sagt Ulrich Finger, „da geht es eindeutig um Millionen.“ Renner der Saison ist derzeit die Ortec-Messe Karriere-Start, „die geht gerade richtig ab.“ Auch die Tourismus-Messe komme gut an, besonders bei älteren Menschen, die keinen Internetzugang haben. „Wir würden gern jede Woche eine Fachmesse machen“, erklärt Ulrich Finger, „aber der Markt gibt das nicht her. Parteitage haben wir gerne, da ist richtig was los. Wir hatten hier auch schon Bundesparteitage.“
Text und Fotos: Roland Fröhlich