„Ich habe mir vorgenommen, mich mit den Kultureinrichtungen der Stadt zusammenzusetzen und nach einem Weg der Integration zu suchen“, erklärt Annekatrin Klepsch (Die Linke), frischgewählte Beigeordnete für Kultur und Tourismus, im Gespräch mit SZ-Redakteur Andreas Weller beim Clubabend des Presseclub Dresden im Hotel Maritim (Erlweinspeicher). Ab 1. November ist Dienstbeginn. Mit Annekatrin Klepsch (38) bekommt das Dresdner Rathaus eine ausgewiesene und praxisorientierte Kulturfachfrau. „Ich würde weniger formalisiert Kulturpolitik machen“, bekennt sie. Um Zuwanderer zu integrieren, benötige man ein ganzes ämterübergreifendes Bündel von Maßnahmen, nicht nur nach außen hin symbolträchtige Handlungen.
Das Wichtigste sei, in der Gesellschaft dafür das notwendige Bewußtsein zu schaffen. Um den demolierten Ruf der Stadt Dresden zu renovieren, werde es nicht genügen, vermittels der Dresden Marketing Gesellschaft bundesweit „Dresden ist weltoffen“-Plakate aufzuhängen. Darüber möchte Annekatrin Klepsch gern mit OB Dirk Hilbert sprechen. Viele der Zuwanderer wollen arbeiten, müßten aber erst Sprachkenntnisse erwerben. Dazu müsse man Projekte entwickeln, von denen alle profitieren: Dresden, Zuwanderer und Arbeitgeber. Man könne nicht einfach etwas umverteilen. –
Überfällig, sagt Klepsch, seien die Großprojekte Kulturpalast (Philharmonie, Herkuleskeule, Stadtbibliothek) und Kraftwerk (Staatoperette, Theater Junge Generation), deren Erstausstattung insgesamt finanziert werden müsse. Wie werde das Außengelände sinnvoll genutzt? Es werde auch über die Verwaltungs-Konstruktion „Städtische Bühnen Dresden“ nachgedacht. Aber eigentlich möchte Klepsch die Eigenständigkeit der Theater erhalten.
Für den Kulturpalast steht die inhaltliche Konzeption, aber die bisherigen 2,3 Millionen Zuschuss würden in Zukunft nicht ausreichen. „Ich beobachte mit großer Begeisterung, wie Frauke Roth, Intendantin der Philharmonie, nach innen, auf die Dresdner wirken will. Nach außen ist die Philharmonie präsent.“ Nach dem leidenschaftlichen Streit um den „Kulti“-Umbau, müsse der Kulturpalast in Zukunft die Dresdner versöhnen, nicht spalten, und das solle sich im Spielplan und Veranstaltungskalender widerspiegeln. Zuerst müsse Frauke Roth den Konzertplan der Philharmonie eintakten, dann könnten andere Veranstaltungen eingeplant werden. Die künstlerische Avantgarde im Festspielhaus Hellerau soll weiter gefördert werden, aber zu welchem Preis? Bisher fließt ein Zuschuss von 1,5 Millionen dorthin. Frage: Welchen Mehrwert hat die Stadt Dresden davon? Mit Sorge beobachtet Klepsch, dass sich einige Theater gegenseitig Konkurrenz machen und natürlich Fördergelder beantragen.
Dazu Klepsch: „Ich habe manchmal den Eindruck, dass es weniger um die Kunst geht, als um die Fähigkeit, überzeugende Anträge zu stellen.“
Die gebürtige Dresdnerin, Annekatrin Klepsch, studierte in Leipzig und Wien Theater-, Kulturwissenschaft und Soziologie, war ein Jahr in der Chefredaktion der Jugendzeitschrift SPIESSER tätig, arbeitete als Dramaturgie-Assistentin bei den Salzburger Festspielen und im Berliner Ensemble, leitete den Jugendverein „Roter Baum e.V. Dresden“ und absolvierte ein berufsbegleitendes Masterstudium der Arbeits- und Organisationspsychologie. Politisch seit 2002 tätig, zuerst im Ortsbeirat Dresden-Pieschen, seit 2003 Mitglied der PDS (seit 2007 Die Linke) wurde sie Mitglied im Landesvorstand, 2009 Landtagsabgeordnete, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kunst, Medien und Sprecherin für Jugendpolitik und Soziokultur, Mitglied des Sächsischen Kultursenats und des Kuratoriums der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.
Text und Fotos: Roland Fröhlich