Die gute Nachricht zuerst: Das Vertrauen in Journalisten ist in den letzten fünf Jahren von 35% auf 54% gestiegen. Belege für diese überraschende Entwicklung liefert eine Studie, die Dr. Anna-Maria Schielicke und Dr. Cornelia Mothes vom Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden am 14. Oktober 2013 im Presseclub vorgestellt haben.
Also alles gut, zurücklehnen in den Redaktionsstuben. Internet, Blogs und Social Media sind sowieso nur eine kurze Episode der Weltgeschichte. Weiter wie bisher. Mitnichten, das schrieben die beiden Kommunikationswissenschaftlerinnen den Gästen des Clubabends in ihre Notizblöcke. Weitere Podiumsgäste waren der Journalist, Medienanwalt und Buchautor Dr. Butz Peters und der Chefredakteur der DNN, Dirk Birgel. Moderiert wurde die Veranstaltung „Sind Journalisten noch glaubwürdig?“ im Forum am Altmarkt Dresden von Oliver Riebl.
TU-Dresden-Studie zum Vertrauen in den Journalismus
Bevor zur Diskussion auf dem Podium aufgerufen wird, stellten die beiden Wissenschaftlerinnen Schielicke und Mothes die Ergebnisse ihrer 2007/08 und 2013 durchgeführten Repräsentativbefragung vor. Über 1.000 Menschen in Deutschland wurden telefonisch nach ihrer Meinung zur Qualität journalistischer Arbeit und zum Vertrauen in den Journalismus gefragt.
Für die Bürger werde es, laut Schielicke und Mothes, in einer komplexer werdenden Informationsumgebung, trotz zunehmender Vielfalt verfügbarer Informationsquellen, immer schwieriger, verlässliche Informationen zu finden. Was erwarten die Befragten daher von gutem Journalismus? Die Studie liefert die Antwort: Verständliche Texte, Sachkenntnis bei Redakteuren und eine saubere Recherche zeugen nach Meinung der Studienteilnehmer von Qualitätsjournalismus, schaffen Vertrauen bei Lesern, Zuhörern und Zuschauern. Keine Rolle spielte bei den Befragten dafür das Thema Schnelligkeit der Veröffentlichung. Im Krisenfall bevorzugen sie eher traditionelle Medien, wie Radio und Fernsehen und vertrauen auch im Internet besonders den Websites der klassischen Medien. Einen Unterschied zwischen traditionellen Mediennutzern und den Onlinenutzern konnten die Wissenschaftlerinnen auch belegen: Wie zu erwarten vertrauen Letztere den Journalisten weniger als IHREM Internet.
Warum scheint der Journalismus einen so schlechten Ruf zu haben?
Bei ihrem täglichen Medienkonsum würden die Menschen eine Kluft zwischen ihrem Anspruch, den sie an journalistische Veröffentlichungen haben, und der Realität wahrnehmen, sagen die Wissenschaftlerinnen. Fehlende Objektivität, unsaubere Recherche, Falschmeldungen oder übertriebene Schnelligkeit, um den Onlinemedien Paroli zu bieten, haben am Lack der Journalistenzunft gekratzt. Mancher Blogger recherchiert ausführlicher, als es dem Redakteur in der Lokalredaktion der Tageszeitung angesichts des straffen Zeitkorsetts und der sparsam besetzten Redaktionsstuben möglich ist. Noch dazu kann er seinen Blogbeitrag aufgrund aktueller Entwicklungen nachvollziehbar aktualisieren, zu Originaldokumenten verlinken und sofort nach Veröffentlichung in den Dialog mit seinen Lesern treten. Ist das die Zukunft des Journalismus? Ab ins Internet, schnell sein, bloggen – oder was raten Dr. Anna-Maria Schielicke und Dr. Cornelia Mothes im Ergebnis der Studie der Journalistenschaft? „Verpflichtet Euch öffentlich auf redaktionelle Grundsätze“, lautet die Antwort der Kommunikationsexpertinnen – was heißen soll, besinnt Euch wieder auf journalistische Tugenden und den Pressecodex.
Aber was ist eigentlich ein Journalist?
Die Frage aus dem Publikum und die anschließende Diskussion bringen es an den Tag: Eine einheitliche Definition des Berufsstandes ist schwer zu finden. Der Begriff Journalist ist nicht geschützt, so dass es unzählige Definitionen gibt und sich jeder, der sich zum Schreiben berufen fühlt, derart titulieren kann.
Eine Patentantwort haben die Podiumsgäste auch nicht parat. Für Dirk Birgel, den DNN-Chefredakteur, sei eine gute Ausbildung wichtig, er gebe aber auch Quereinsteigern eine Chance, wenn sie einen Blick für eine Story und die Fähigkeit zu recherchieren hätten sowie pointiert formulieren könnten. Birgel hebe eine Geschichte nicht ins Blatt, wenn sie nicht rund sei, erklärt er auf dem Podium. Er gebe seinen Redakteuren, wenn sich eine große Story biete, auch Zeit für eine intensivere Recherche. Als Beispiel nannte er die Berichterstattung um die Finanzprobleme der Zwingerfestspiele 2012.
In den Augen von Dr. Butz Peters sei jeder Journalist, der sich als Journalist fühle. Als Rechtsanwalt habe er mit den Folgen zunehmenden zeitlichen und wirtschaftlichen Drucks sowie abnehmender journalistischer Standards in den Redaktionen zu tun.
Durch das Internet würde eine mögliche Begriffsbestimmung noch unschärfer, stellen die Kommunikationswissenschaftlerinnen Dr. Anna-Maria Schielicke und Dr. Cornelia Mothes fest. Für sie definiere sich ein Journalist dadurch, dass er eine verpflichtende Dienstleistungsfunktion habe und hauptberuflich an ein Medium gebunden sei.
Eine in einem der neueren Medien geäußerte Befürchtung erfüllt sich an diesem Abend jedoch nicht: Dirk Birgel hatte eine Woche vor dem Clubabend als Antwort auf die Veranstaltungsankündigung vom Flurfunk Dresden mit einem Schmunzeln getwittert (Screenshot): „… da werde ich bestimmt wieder in Sippenhaft genommen. ;)“.
Text: Frank Müller
Foto: Petra Gehlich