„Die Verdrängung der DDR-Kunst ist aktuell“, sagte Prof. Karl-Siegbert Rehberg, 1992 Gründungsprofessor des Lehrstuhles für Soziologische Theorie, Theoriegeschichte und Kultursoziologie an der Technischen Universität Dresden, im Presseclub-Gespräch mit SZ-Redakteurin und Vorstandsmitglied Bettina Klemm.
In der Galerie Neue Meister, beispielsweise, sei die DDR-Kunst unterrepräsentiert. Nach der Wende habe die Kunst- Verdrängung zuerst im öffentlichen Raum begonnen, denn die meisten Groß-Plastiken seien von Sowjet-Künstlern geschaffen worden. Gleichwohl seien aus soziologischer Sicht die Künste der DDR eine Art Schlüssel zum Verständnis der Menschen. Der historische Bilderstreit stelle die Frage: Ist das überhaupt (allgemeingültige) Kunst oder nur (sozialistische) Dekoration? Im parallel laufenden Literaturstreit habe ein derart tiefgreifender Diskurs nicht stattgefunden.
„Viele DDR-Künstler fielen durch die Wende in ein Bedeutungsloch“, erklärte Rehberg, weil die Erwartungen und Projektionen der Künstler auf das neue System sehr unterschiedlich waren. Bei denen, die sich jahrelang gegen das nicht von der Bevölkerung getragene und damit illegitime diktatorische DDR-System zur Wehr gesetzt hatten, sei deshalb die Enttäuschung groß gewesen. Auch die Bürger hätten die Wiedervereinigung, genau genommen: die Überlagerung durch westlich geprägte Institutionen sehr unterschiedlich erlebt. Enttäuschung gebe es, historisch gesehen, nach jeder Revolution. Dies sei ein Grund, warum diejenigen, welche die Wende getragen haben, an den Rand gedrängt wurden, erläuterte der 1943 in Aachen geborene Rehberg.
Im Dezember 1968 bestand Rehberg die „Prüfung zur Zulassung zum Studium ohne Reifeprüfung“, studierte Soziologie und Politische Wissenschaften in Köln, Aachen und promovierte 1973 unter dem konservativen Soziologen Arnold Gehlen, dessen Gesamtausgabe Rehberg als Herausgeber betreut. Die Fülle der Rehbergschen Projekte und Gastprofessuren im In- und Ausland zu zitieren, würde hier den Rahmen sprengen. Seit 2006 ist Rehberg Mitglied des Kulturbeirates der Landeshauptstadt Dresden, war im Wissenschaftsrat „Differenzierung der Hochschulen“ tätig und seit 2010 im Kuratorium Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden und des Kuratoriums des Hannah-Arendt-Institutes für Totalitarismusforschung.
Roland Fröhlich