Etwa 150 freie Praxissitze warten derzeit in Ostsachsen auf einen Allgemeinmediziner oder Facharzt. Dieser Zustand ist alarmierend für die Gesundheitsvorsorge in ganz Sachsen. „Leider haben ländliche Hausärzte ein schlechtes Image“, erklärte Professsor Jan Schulze, Präsident der Landesärztekammer Sachsen in einem Gespräch mit Journalistin Katlen Trautmann im Presseclub Dresden. In anderen Randregionen der Bundesrepublik sei das ähnlich. Deshalb wurden bundesweit 50 Medizin-Stipendien ausgelobt mit der Verpflichtung, sich nach bestandener Prüfung als Hausarzt im ländlichen Raum niederzulassen.
Ausländische Ärzte in Sachsen seien als Notlösung zu betrachten, sagte Schulze. Gegenwärtig seien 1.400 Ärzte aus 86 Nationen in Sachsen beschäftigt, welche zum Teil zusätzliche medizinische oder sprachliche Anpassungskurse absolvierten.
Dennoch verwahrte sich Schulze gegen die in Diskussion stehende Parallelstruktur von „Delegation ärztlicher Leistungen an Schwestern“. Die medizinische Verantwortung müsse beim Arzt bleiben. Allein in der Bundeswehr fehlen 500 Ärzte. Von 36 medizinischen Fakultäten kommen pro Jahr etwa 11.000 Jung-Ärzte, von denen aber nur 7.500 in die kurative Medizin gingen. Ein Großteil wolle keine Praxis als freier Arzt, sondern wandere ab als Angestellter in technische Branchen mit Medizinerbedarf.
Die neuerdings diskutierte bundesweite Umrüstung von Kliniken auf Zwei-Bett-Zimmer sei mit einem Kostenaufwand von 5,2 Milliarden Euro verbunden und deshalb absurd. Im Gegenteil: Von den insgesamt für die Gesundheitsvorsorge aufgewendeten 170 Milliarden Euro müssten mindestens 15 Milliarden Euro eingespart werden, deshalb werde eine medizinische Versorgungsforschung initiiert.
„Es ist unethisch“, betonte Jan Schulze, „sich nicht um die medizinischen Zukunftspropbleme der Menschen zu kümmern, wie es die Politik zuweilen tut. Dieses reiche Land muss in der Lage sein, seinen Ärztebedarf selbst zu regeln. Dennoch ist der Versorgungstandard in Deutschland sehr gut.“ RF