„Von der Moldau bis zur Mulde“ geht’s „mit Volldampf durch den Winter“ bei „Lippis musikalischer Deutschlandreise“. So klingt das Freitagabendprogramm beim MDR, unserem regionalen Fernsehsender. „Volksmusik-“ und „Ossi-Sender“ sind die gängigen Vorurteile. Dennoch ist das MDR Fernsehen den Quoten zufolge das erfolgreichste Dritte Fernsehprogramm in Mitteldeutschland.
Ist der Erfolg eines öffentlich-rechtlichen Senders wirklich nur an den Quoten zu messen? Sollte sich die Bedeutung nicht vielmehr an der Vielfältigkeit und Qualität orientieren?
Von Anna-Maria Christov, Sophie Gössinger, Josefin Richter, Philipp Boos, Sebastian Perlik
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen soll als unabhängiger Rundfunk das gesamte Spektrum der Gesellschaft erreichen. Eine eindeutig definierte Zielgruppe habe das MDR Fernsehen nicht, so Dr. Arnold Seul, Programmreferent des MDR Fernsehen im Interview. Es wird zwar versucht ein breites Angebot zu gestalten, doch eigentlich bedient das MDR Fernsehen trotzdem nur die mittlere Altersgruppe.
Aber als Rundfunkgebührenzahlende sind wir alle Auftraggeber, Sponsoren und Konsumenten zugleich, deshalb sollte sich das Programmangebot auch an uns orientieren. Doch gerade junge Menschen scheinen dieses Gefühl nicht unbedingt zu teilen. Wenn man sie nach ihrer Meinung zum MDR fragt, sind Aussagen wie „MDR – Schunkelmusik mit Florian Silbereisen“ oder „der alte-Leute-Sender“ keine seltenen Antworten. Seul sagt dazu: „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das reale Antworten sind. Das ‚Schunkel und Volksmusik‘-Image ist uns durchaus bekannt – doch die Wirklichkeit ist anders.“
Jugendliche sind ja meistens eher nicht für Volksmusik zu begeistern. Dr. Arnold Seul hat trotzdem schon öfters den einen oder anderen Jugendlichen im Publikum vom Fest der Volksmusik entdeckt: „Wer eine solche Sendung live erlebt, wird staunen, wie viele junge Leute im Publikum sind. Und sei es nur, um sich totzulachen.“ Laut Seul liegt das vor allem an der eher ländlichen Struktur im Osten, wo die Mehrheit der Jugendlichen „auf dem platten Land“ und nicht in Städten aufwächst. „Junge Menschen aus dem Erzgebirge ticken nun mal anders als Jugendliche aus größeren Städten.“
Bedeutet das soviel wie: Wir benötigen gar kein Jugendprogramm — wir haben doch die Volksmusik? Das ist natürlich nicht ganz richtig. Der MDR versucht durchaus sein Programm auch für Jugendliche attraktiv zu gestalten.
Zum einen gibt es das Jugendformat „UNICATO“. Diese Sendung gibt Studenten die Möglichkeit, ihre eigenen Filme zu präsentieren, ausgestrahlt wird sie jedoch oft erst nach Mitternacht. Da stellt sich die Frage, welcher Jugendliche oder junge Erwachsene um ein Uhr nachts fernsieht. Seul rechtfertigt diese Kritik mit der Mediathek des MDRs: Dort kann man sich jederzeit alle Folgen des Jugendformates ansehen. Laut MDR mache es keinen Sinn, einzelne Sendungen für Jugendliche in das normale Programm einzubauen. „Erfahrungen haben gezeigt, dass Inselprogramme nicht angenommen werden.“ Der MDR muss sich also etwas anderes einfallen lassen, um junge Zuschauer zu gewinnen.
Mit schnellem Schnitt und moderner Aufmachung der Beiträge in Sendungen wie „MDR aktuell“, „Brisant“ und den regionalen Formaten wie „Sachsenspiegel“ will der MDR sein Programm verjüngen
Schon seit Januar 1991 strahlt das MDR Fernsehen das Regionalmagazin Sachsenspiegel in Sachsen aus. Doch Tradition alleine reicht nicht. Frische Talente vor und hinter der Kamera und ein neues Design sollen seit jüngster Vergangenheit der Sendung ein neues Gesicht geben. Sollte der interessierte, technophile Zuschauer doch einmal keine Zeit finden, am Abend den Fernseher einzuschalten, um sein Nachrichtenmagazin zu schauen, bietet sich trotzdem für jeden die Chance, sich ganz individuell zu informieren. Auf der hauseigenen Homepage hat der multimediale Nutzer zahlreiche Optionen – von Mediathek über Sachsenspiegel-Newsletter bis hin zur kostenfreien SMS-Benachrichtigung über aktuelle Top-Themen des Magazins.
Dem Anspruch auch bei der jüngeren Bevölkerungsschicht mehr Interesse zu wecken, scheint der Sachsenspiegel bei genauerem Hinsehen nur auf visueller Ebene gerecht zu werden. Abgesehen von einer breiten und informativen Berichterstattung über aktuellen Regionalsport verliert sich der junge Zuschauer zwischen 16 und 29 Jahren in Meldungen über explodierende Gewächshäuser, internationalen Schneeskulpturen-Wettbewerben und Sanierungsgebühren für Hauseigentümer. Wünscht man sich Beiträge zu seiner Lieblingsrockband, Kritiken über die neuesten Kinofilme oder gelegentlich eine Reportage über Gleichaltrige, enttäuscht der MDR meist in seiner Themenauswahl. So muss auch in Zukunft der jüngere Sachse hoffen, das Ein oder Andere aus seiner Region bei Sendungen aus dem Privatfernsehen zu entdecken – oder auf das bewährte Internet setzen.
Dabei forderte MDR-Intendant Udo Reiter immer wieder einen gemeinsamen Jugendkanal der ARD und der dritten Programme. Der digital empfangbare Sender Einsfestival solle hierfür weichen. Leider ist das nur schwer umzusetzen. Es fehlt an Geld und Unterstützung durch andere Senderchefs. „Da ist momentan kein spektakuläres Endergebnis zu erwarten“, sagt Seul. Eine Ausweitung der Sendezeit des KIKA sei zwar in Planung, aber diese Idee muss erst in langwierigen Verfahren abgesegnet werden. Und solange diese Planungsphase andauert, wird die junge Zielgruppe von der MDR-Führungsspitze ausgeblendet. „Spezielle Themen, die nur Jugendliche interessieren, kommen im Programm nicht vor, Punkt“, muss auch Dr. Arnold Seul zugeben. Aber eigentlich sollte sich der MDR bemühen, junge Leute für sich zu gewinnen. Sie sind schließlich die Rentner von morgen. Nur wer auch schon in jungen Jahren regelmäßigen Kontakt mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat, wird ihm auch im Alter treu bleiben.
Die einzige Maßnahme des MDR ist vermehrt auf das Internet zu setzen. Was jetzt noch fehlt sind Inhalte, doch in der Nachrichtensendung „MDR aktuell“ soll es bald eine Rubrik für junge Zuschauer geben.
„Für den MDR wird es generell schwierig, in der digitalen Medienwelt erkennbar zu bleiben“, stellt Seul fest. Jetzt hat der Sender ein bestimmtes Image, für das er bekannt ist. Doch wird er auch in Zukunft noch unterscheidbar bleiben?
Im Sendegebiet des MDR hat der Zuschauer eine Auswahl von 72 Fernsehsendern. Eine starke Konkurrenz für den regionalen Sender. Um diesem Problem entgegenzuwirken, baut der MDR zwar auf Identifikation, den Zugang zur jungen Zielgruppe hat er aber nach wie vor nicht gefunden. Stattdessen setzt er auf Altbewährtes mit Erfolgsgarantie. Wer große Neuerungen erwartet, wird dabei enttäuscht.
Ähnlich sieht das auch Dr. Arnold Seul. Er arbeitete früher bei der Männer-Vogue und drehte unter anderem selbst Filme. Nun ist er Programmreferent beim MDR. Kann er sich selbst mit dieser beruflichen Veränderung treu bleiben? Nach dieser Frage sieht er sich in seinem modern eingerichteten Büro im 12. Stock des MDR Hauptgebäudes mit traumhaftem Panoramablick über Leipzig und das hübsch angelegte MDR Gelände um. „Der MDR ist ein guter Arbeitgeber. Ich habe hier einen Auftrag zu erfüllen, einen Programmauftrag. Und das ist, ein mehrheitsfähiges Programm zu gestalten. Da geht es nicht um den eigenen Geschmack oder Vorlieben.“
Dieser Text entstand im Rahmen des Seminars "Einführung in den Journalismus" am Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden (WS 2009/10). Abgabe war im Februar 2010. Dozent: Peter Stawowy
Wie schamlos Herr Seul lügt. Unicato gibt es garnicht in der MDR-Mediathek. Das nenn ich mal rotzfrech, schön Gebühren abzocken und dann die Öffentlichkeit verarschen.
..möchte an dieser Stelle den interessierten Leser auf seinen Artikel zum Thema hinweisen
http://biss.fm/2010/03/18/hau-app-gedanken-uber-den-umgang-des-offentlich-rechtlichen-rundfunks-mit-jugendlichen/
Mal bitte keine so frechen Einlassungen gegenüber Herr Dr. Seul. Der macht einen guten Job. Sein Büro so despektierlich zu beschreiben – da schwitzt der reine Neid raus. Liebe junge Menschen, von einem Idioten zu verlangen, er solle die Fortsetzung der Relativitätstheorie ausspähen, ist ein egalitär hochherziger Wunsch, fällt aber auf den Wünschenden zurück. Deshalb macht einfach weiter, was Ihr sowieso schon tut: Glotze abschalten und die sinnfreie Welt des Internets bewohnen. Aber bitte nicht frech zu Dr. Seul sein. Der macht nämlich einen wirklich guten Job.