Bericht: Frank Müller, Foto: Matthias Ander
Das Web 2.0, das sogenannte Mitmach-Web, beschäftigt Unternehmer und Kommunikationsfachleute spätestens seit dem Wahlkampf des Amerikanischen Präsidenten Barack Obama (@BarackObama). Twitter, Facebook, Youtube und andere Kommunikationskanäle – oder sollte es nicht besser heißen Dialogkanäle – stellen den meisten Verantwortlichen in den Institutionen zurzeit noch mehr Fragen, als sie Antworten geben. Beredtes Beispiel vor Ort: die Sächsische Landeshauptstadt.
Dass das Thema aber in Dresden angekommen ist, zeigte ein Seminar der Dresdner Wirtschaftsprüfer & Steuerberater Schneider + Partner am 22. März 2010 im Forum am Altmarkt. Unter dem Motto „Blog, Twitter & Co – Unternehmenserfolg durch Neue Medien“ hatte die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft innerhalb ihrer seit 2008 stattfindenden Reihe „Fit für die Zukunft“ eingeladen. Die Resonanz war groß, so groß, dass die Veranstaltung kurzfristig von der Heinrich-Schütz-Residenz in das größere Forum am Altmarkt verlegt werden musste. Bei über 200 Anmeldungen reichte aber auch der dortige Saal nicht aus und musste mit zusätzlichen Stühlen aufgefüllt werden.
Die Social-Media-Revolution
Im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu sagen hatten Prof. Dr. Wolfgang Schweiger von der TU Ilmenau, Peter Pfau, Geschäftsführer der VOR Werbeagentur GmbH aus Dresden, Thomas Grießbach von der portrino GmbH, Dresden und Kirstin Walther, Geschäftsführerin der Kelterei Walther GmbH & Co. KG aus Arnsdorf. Moderiert vom Dresdner Medienberater Peter Stawowy (@Pstawowy) sollten die Referenten in kurzen Vorträgen ihre Statements abgeben und in einer anschließenden Podiumsdiskussion Rede und Antwort stehen.
Zum Aufwärmen und Staunen ob der Fakten zeigte Stawowy das Youtube-Video: Social Media Revolution. Den zu eng gestrickten Zeitrahmen sprengte Prof. Dr. Schweiger gleich mit seinem Einstiegsreferat „Blog, Twitter & Co. – Neue Medien in der Unternehmenskommunikation“. Als Fachgebietsleiter Public Relations & Technikkommunikation am Ilmenauer Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft näherte sich Schweiger dem Thema natürlich von seiner theoretischen Seite. Schweiger sprintete verbal vorbei an Blogs, an – Zitat – „DEM“ Microblogging-Dienst Twitter, dessen Nutzen er aus seiner Sicht (noch) nicht ausmachen könne und diversen Social Networks. Die reichlich anwesende Dresdner Twitter-Gemeinde versuchte eifrig, ihn zu widerlegen und twitterte live aus dem Saal in die Welt.
Sächsisch, locker und durchaus witzig referierte der bekennende Nicht-Twitterer & Nicht-Facebooker Peter Pfau über die „Faktoren erfolgreicher Web-2.0-Anwendungen“. Nichtsdestotrotz nutzte er die Twitter-Aktivitäten von Barack Obama und Sarah Palin um zu zeigen, wer von Beiden das Mitmach-Web verstanden und letztendlich den Wahlkampf gewonnen hat. Pfau wies mehrfach darauf hin, dass es für Unternehmen wichtig sei, nach der Entscheidung für Aktivitäten im Web 2.0 die personellen Ressourcen dafür zur Verfügung zu haben bzw. bereit zu stellen. Unternehmen, die sich für das Web 2.0 Entschieden hätten, gab er auf dem Weg, negative Kritiken aushalten zu müssen.
Thomas Grießbach von der portrino GmbH versuchte den Spagat, Technik-Freaks und Technik-Laien die technischen Grundlagen zur Implementierung von Web-2.0-Angeboten zu erklären. AJAX, CMS oder SEO hinterließen bei einigen der Anwesenden nicht zu übersehende Fragezeichen in den Gesichtern.
Zuhören, Lernen, Ausprobieren
Bekanntermaßen sympathisch und – Achtung Modewort! – authentisch erzählte Kirstin Walther (@SaftTante), wie sie ihre Erfahrungen im Web 2.0 machen musste. Als Geschäftsfrau, von der Wichtigkeit des Kundendialogs überzeugt, schienen ihr die Möglichkeiten konventioneller Web-Auftritte dafür denkbar ungeeignet zu sein. Vor vier Jahren startete sie deshalb mit einer eigens für sie programmierten (und teuren) Möglichkeit, EINE Antwort auf die Kommentare in ihrem Online-Gästebuch-Einträge geben zu können. Dann entdeckte Walther das Blogging und intensivierte den Kunden-Dialog mithilfe ihres bekannten Saftblogs. Böse Erfahrungen musste sie dabei mit dem Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (DOSB) machen – upps, ist dessen Nennung erlaubt oder drohen rechtliche Konsequenzen ;-) Dieser wollte sie wegen „Rufausbeutung, Urheberrechtsverletzung, Irreführung, Markenrechtsverletzung…“ juristisch belangen. Aber die Web-Gemeinde sprang ihr tröstend und unterstützend zur Seite. Kristin Walthers Tipp an die Anwesenden: Zuhören, Lernen, Ausprobieren und siehe oben: mögliche Markenrechtsverletzungen vermeiden. Nebenbei verriet Kirstin Walther, dass sich Ihr Umsatz seit 2004 verdreifacht hat, was sie auch ihren umfangreichen Online-Aktivitäten zuschreibt.
Gastgeber Knut Michel, Geschäftsführer und Partner bei Schneider + Partner, bedankte sich im Schlusswort bei den Referenten für die Anregungen und das geweckte Interesse am Thema Web 2.0. Den Gästen des Abends verriet er, über mögliche Aktivitäten seiner Kanzlei Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft nun intensiv nachzudenken. Im dankbaren Publikum saßen übrigens nicht nur junge, internetaffine Zuhörer. Unter den vielen Anzugträgern wurde so manch Dresdner Wirtschaftskapitän beispielsweise aus dem Maschinenbau oder der Lebensmittelindustrie gesichtet. So kann das Fazit nur lauten: Die Web-2.0-Airline ist in Dresden gelandet.
Frank Müller ist Referent Marketing & Öffentlichkeitsarbeit bei der Berufsbildungswerk Sachsen GmbH. Bei Twitter ist er unter @franky_pm zu finden.
Schöner Artikel!
Eine „kleine“ Korrektur meinerseits: Natürlich bin ich und alle VORarbeiter bei FACEBOOK und wir nutzen es sehr rege.
Es gibt lediglich kein Firmenprofil VOR bei Facebook.
VG Peter Pfau
Die Überschrift bereitet mir Schmerzen. Ich hoffe der Sarkasmus schwingt mit, sonst heißt es demnächst Web 4.0 überspringt Web 3.0 in Dresden.