Wo Anzeige drin ist, muss auch „Anzeige“ drauf stehen! In Zeiten sinkender Werbeeinnahmen durch ansteigende Nutzung des Internets wird in Printmedien unauffällig, aber verstärkt „zwischen den Zeilen“ geworben.
Schleichwerbung ist für Presseclub-Vorstandsmitglied Katrin Saft, SZ-Redakteurin und Mitglied des Deutschen Presserates, ein rotes Tuch. Im Presseclub Dresden erläutert sie engagiert die Arbeit des fast auf den Tag genau vor 53 Jahren gegründeten Gremiums der freiwilligen Selbstkontrolle, um ein 1956 geplantes Bundespressegesetz zu verhindern.
Die Fakten: Betriebsfusionen schmälern die Einnahmen der Printmedien durch Inserate. Wo vordem zwei Anzeigenkunden konkurrierend inserierten, ist es danach nur noch einer. Kleinanzeigen fallen fast gänzlich weg, Autos und Wohnungen werden zunehmend im Internet gehandelt. Der Verdienst an Inseraten schrumpft beängstigend. Viele Printmedien kämpfen ums Überleben. Immer häufiger werden deshalb von Redakteuren werbliche „Meldungen“ im redaktionellen Teil der Blätter verschleiert untergebracht, nach dem Motto: Das macht ja nichts, das merkt doch keiner. Dadurch leidet jedoch die Glaubwürdigkeit der Medienbranche.
Das ist die Quintessenz: „Die Glaubwürdigkeit, dieses hohe Gut, ist zu bewahren“, postuliert Katrin Saft, „also keine Koppelung von Anzeige und journalistischem Beitrag.“ Da allerdings seien die Grenzen oft fließend, räumt Katrin Saft ein. Entscheidend sei das öffentliche Interesse im Sinne des Lesers. So ist zum Beispiel die Abbildung eines einzelnen Produktes, um Allgemeines zu erläutern, unzulässig. Auch darf bei der Beschreibung eines neuen Produktes nicht nur der Name eines Herstellers genannt werden.
Um verbotener Schleichwerbung auf die Schliche zu kommen, hat der Presserat einen Pressecodex entwickelt, eine Art Ehrenkodex für Medienvertreter. Dieser Ehrenkodex wurde am 12. Dezember 1973 in feierlicher Form Bundespräsident Gustav Heinemann überreicht. Der Presserat ist ein ethisches Gremium, keine juristische Instanz. Er arbeitet deshalb auch nicht eigenständig, sondern muss von Betroffenen per Beschwerde angerufen werden.
Das Plenum trifft sich zweimal im Jahr und wählt Beschwerdeausschüsse, welche dann alle drei Monate nach gewissenhafter Recherche von Fall zu Fall entscheiden. Das füllt einen ganzen Sitzungstag, vorher in Bonn, seit diesem Jahr in Berlin. Wurden 2008 noch 730 Beschwerden bearbeitet, sind es 2009 bis jetzt schon 1200, viele der Einfachheit halber per E-Mail.
Die Wahrung von Persönlichkeitsrecht (Gesicht unkenntlich machen, Namen abkürzen) und Datenschutz sind oberste journalistische Pflicht. Ein Online-Kodex für Blogs, Videos, Podcasts soll entwickelt werden. Dies wäre in Deutschland die erste Anerkennung von beispielsweise Bloggern als journalistische Anbieter.
Zur Maßregelung stehen dem Presserat drei Mittel zur Verfügung: der Hinweis auf falsche Darstellung, die Mißbilligung fahrlässiger Berichterstattung, die Rüge des Verstoßes gegen den Ehrenkodex in nicht-öffentlicher oder öffentlicher Form, letztere muß in dem betreffenden Blatt abgedruckt werden.
Da viele Journalisten weder den Pressecodex, noch seine Interpretationen kennen, hat der Presserat einen Leitfaden im Internet veröffentlicht.
Finanziert wird der Deutsche Presserat durch seine Gründungsmitglieder, dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV), Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ), Deutscher Journalisten-Verband e.V. (DJV) und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Das Jahresbudjet 2007 betrug etwa 700.000 Euro, davon 180.000 Euro Bundeszuschüsse.
Die Wirksamkeit des Presserates ist von Journalisten wie Beschwerdeführern umstritten, da die Sanktionen kaum Konsequenzen für das Printmedium haben. Seit 1986 erhielt zum Beispiel die „BILD“-Zeitung herausragende 109 Rügen, die „Dresdner Morgenpost“ bescheidene fünf. Und in Zukunft? Hoffen wir das Beste, lieber Leser. Roland Fröhlich
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