Eine Reihe von Medien und Blogs berichten, dass es am vergangenen Wahlsonntag zu den Landtagswahlen in Thüringen, Saarland und Sachsen scheinbar schon vor 18 Uhr Prognose-Ergebnisse bei Twitter kursierten.
Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt unter der Überschrift „Gefährliches Gezwitscher„: „Einer der Twitter-Accounts, über den die Wahlprognosen ins Netz sickerten, war nach Informationen von Spiegel Online der des CDU-Vorsitzenden im Stadtverband Radebeul. Auch wenn die Twitterer keine Quellen genannt haben – ihre Prognosen weichen kaum von denen ab, die um 18 Uhr in der ARD zu sehen waren.“
Ob „Spiegel Online“ die Information zufällig im Tivoli-Blog gefunden hat? Dort ist minutengenau aufgelistet, wann wo Wahlprognosen abgegeben wurden – Titel der Geschichte: „Wer hat den Größten? Vom Ende der Langsamkeit bei den Wahlnachfragen„.
Auf Nachfrage in die Twitter-Gemeinde kommt gerade der Hinweis, den wir hier mal ganz ungeprüft weitergeben: „@pr_radebeul gab es die ergebnisse; der account ist gehackt worden!!! (weiss ich aus sicherer quelle) nun steht er doof da.“ Bei @pr_radebeul handelt es sich um Patrick Rudolph, den CDU-Vorsitzenden von Radebeul. In einer dpa-Geschichte heißt es: „Dieser war für eine Stellungnahme vorerst nicht zu erreichen. Inzwischen hat er seinen Account gelöscht. Er sei es nicht gewesen und wisse auch nicht, ‚wer das geschrieben hat‘, heißt es.“
Nach Informationen der dpa könnten die Medienberichte dazu führen, dass die Landeswahlleitung den Vorgang prüft, wenn im Landtag eine entsprechende Beschwerde eingeht. Die Prüfung erfolgt aber frühestens im Oktober, sobald der Wahlprüfungsausschuss konstituiert ist. Die dpa-Geschichte ist bei „LVZ-Online“ zu finden und hat den Titel: „Landeswahlleitung prüft Twitter-Leck in Sachsen„.
Auch in Thüringen soll es nach einem Bericht der „Thüringer Allgemeinen“ eine Überprüfung geben, nachdem Ergebnisse vorab über Twitter bekannt wurden. Mit dem Verrat der Ergebnisse vorab war im Grunde schon nach dem Debakel zur Bundespräsidentenwahl gerechnet worden – die Frage ist nun nach den Konsequenzen. Nach den einzelnen Medienberichten kann die Vorabverbreitung von Wahlprognosen vor 18 Uhr zu einer hohen Geldstrafe führen.
Ein Hinweis für alle Twitterer: Es gibt einen „sicheren“ Zugang zu Twitter über https://twitter.com (wichtig ist das „s“ hinter dem http), der nicht so leicht zu hacken ist. Den sollte man als Standard nutzen.
Nachtrag 23:12 Uhr (dieser Beitrag sollte original eigentlich um 17:30 Uhr erscheinen): Inzwischen avanciert die Geschichte zum großen Medienhype – auf Tagesschau.de etwa findet sich das Dementi, die Zahlen könnten von Infratest dimap stammen – mit jeder Menge spannender Kommentare. Auch Spiegel Online hat Stimmen von Politikern und Wissenschaftlern eingesammelt. Lesenswert dazu auch der Blogeintrag von Thomas Knüwer: „Twitter, die Wahlen und der mediale Resonanzboden„.
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Ein Vertrauensbruch. Nicht mehr und nicht weniger… Kann man nur hoffen, dass den entsprechenden Quatschköppen auf die Finger gekloppt wird.
Ich halte es für unwahrscheinlich das @pr_radebeul gehackt wurde. Wieso sollte jemand einen Account hacken um Prognosen zu übermitteln?! Weiterhin würde sicherlich jeder halbwegs clevere Hacker sofort das Passwort, die Emailadresse u.a. Einstellungen ändern, so dass der eigentliche Besitzer den Account nicht direkt selbst löschen kann.
Weiterhin kann es rechtlich durchaus irrelevant sein ob der Account @pr_radebeul gehackt wurde. PR nutzt das Medium, also muss er sich damit auskennen und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen treffen. Siehe http://www.e-recht24.de/news/urheberrecht/891.html
Na, wenn das mal kein weiterer Beweis für den rechtsfreien Raum Imternet ist. Da muß sofort ein Stoppschild her. Frau von der Leyen, übernehmen Sie!
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