Wie erklärt man völlig unbeteiligten und unbedarften Lokalzeitungs-Lesern Twitter? In der „Sächsischen Zeitung“ vom 31. Januar 2009 versucht sich Autorin Valeria Heintges daran. Titel der Geschichte: „Heute schon gezwitschert?“ Für den „Selbstversuch“ hat sich Heintges eigens einen Twitter-Account (@valeriahei, Stand 31.1.2009, 15 Uhr: 5 Follower) angelegt – ihr einziger Tweet bis heute ist vom 27. Januar:
„Ich sitze in der Redaktion und versuche zu kapieren, was dieses Gezwitscher eigentlich ist und kann. Bisher blicke ich es noch nicht richtig.“
So richtig macht der Artikel nicht den Eindruck, als wäre das in den vergangenen drei bis vier Tagen besser geworden. Vielmehr handelt es sich bei dem Selbstversuch um eine rudimentäre Beschreibung, die den Leser eher ratlos zurücklässt. Da dienten wohl eher andere Medien als Recherche-Quellen?
Außerdem tritt Heintges in eine Satire-Falle:
„Sicher, das ist Gezwitscher, mancher würde es auch Geschwätz nennen“, schreibt sie über die Tweets vom Twitterer @Trottelbot. Dabei handelt es sich bei Trottelbot um einen Satire-Account, der regelmäßig bewusst allzu banale Tweets abgibt, um eben diese Form des Twitterns hochzunehmen. Um das zu wissen und zu verstehen, müsste man sich aber eben eine längere Weile mit Twitter beschäftigt haben.
Weiter heißt es: „Und so gehen die Meinungen über Twitter zwischen ‚ein lustiger Zeitvertreib‘ und ‚purer Blödsinn‘ weit auseinander. Tatsächlich ist das sirrende Geplapper nur die eine Seite. Denn wenn Katastrophen passieren, werden die Nutzer plötzlich zu rasenden Reportern, die weltweit direkt vor Ort sind.“
Jaja, die Hudson-River-Geschichte – die Twitter kurzzeitig zum Medienphänomen machte. Auch das ist ein in meinen Augen ein eher unwichtiger Aspekt: Die potentielle, aber sicher nicht seriöse Nachrichtenaktualität von Twitter.
Abgegriffen auch der Hinweis auf Barack Obama (@BarackObama) und seine Mobilisierung durch Twitter. Ein Hinweis auf den deutschen Politiker und Twitterer Thorsten SchulzSchäfer-Gümbel (@tsghessen) und die Aufmerksamkeit durch Kommentare und Blog-Einträge in Medien und Internet, die er während seines Wahlkampfes durch Twittern generiert hatte, wäre hier viel angebrachter gewesen (Achtung, gleich der Hinweis hinterher: der Satire-Account @tsghessenspd soll Gerüchteweise vom Spiegel-Spammer Martin Sonneborn, Ex-Titanic-Chefredakteur, gefüllt werden).
Es ist schon wahr: Twitter als Phänomen ist sehr schwer zu fassen. Da verändert sich gerade etwas in der gesamten Kommunikation, sofern man halbwegs netz- bzw. medienaffin ist. Schön, dass das nicht an der Lokalzeitung vorbeigegangen ist.
Aber: Beim nächsten Mal bitte auch Leute fragen wie Kirstin Walther (@safttante), Chefin von der Kelterei Walther in Arnsdorf, oder die Stadtratsfraktion der Grünen (@Rathaus_Dresden) oder die Twitterer hinter @Gehdenken oder den Einzelkämpfer hinter @dynamo, der gerade den Spielstand durchgegeben hat – vielleicht können die mehr weiterhelfen.
Twitter ist kein „sirrende Geplapper“ – es ist das, was man selbst daraus macht.
Deswegen jetzt und hier der Aufruf an alle Twitterer da draußen: Folgt Valeria Heintges (@valeriahei) – auf das die „Sächsische Zeitung“ Twitter kennenlernt!
Update 2.2.2009: Um Missverständnissen vorzubeugen: Dieser Aufruf ist keineswegs eine offizielle Aktion des Presseclub Dresden oder gar der Grünen Dresden (die den Beitrag für ihr Angebot „Grünpool“ kopiert und verlinkt haben, was auch in Ordnung so ist). Vielmehr handelt es sich um einen unterhaltsam gemeinten Beitrag durch den Autoren dieses Blogs Peter Stawowy (owy). Ich begrüße es ausdrücklich, wenn sich meine Lieblingslektüre „Sächsische Zeitung“ mit den Themen „Twitter“ und weitergehend „Web 2.0“ beschäftigt und wünsche mir mehr davon! P. Stawowy
Vielen Dank für die Erwähnung und ich habe soeben meinen Support angeboten. :o)
Pingback: Folgt der “Sächsischen Zeitung” bei Twitter (II)
Frei nach dem Motto „Do what you do best, an link the rest“, hier ein Link zu einem ggf. hilfreichen Artikel:
Twitter für Anfänger – so kann es losgehen
Und vielleicht mal die Do’s and Don’ts von Nicole Simon lesen:
http://medialdigital.wordpress.com/2009/01/15/dos-and-donts-fur-twitternde-redaktionen-%E2%80%93-interview-mit-nicole-simon/
Bisher scheint die Sächsische Zeitung sich ja eher an die Don’ts zu halten…
Pingback: Twitter - was ist das? | digitalpilot.de
Pingback: So wird das nichts mit Twitter, Sächsische Zeitung « Medial & Digital
Nur um noch mal allen Mißverständnissen vorzubeugen. Grünpool ist nicht der KV Dresden der Grünen. Steht auch so im Imressum der Webseite. Grünpool ist ein unabgängiges Nachrichtenportal. Auch bei Twitter steht es so. Wir hatten damals, als wir mit Twitter anfingen den Namen Grünpool noch gar nicht und haben unter @gruene_dresden angefangen und es dabei belassen. Also, Grünpool,@gruene_dresden, sind keine offizelle Grünenseite oder Accounts. Wir sind grünnahestehend, haben auch viele grüne Mitglieder die mitmachen, aber die offizielle Seite für Dresden ist http://www.gruene-dresden.de
Vielleicht werden wir mal darüber nachdenken unseren Twitternamen zu ändern.
kann der kritik am sz-artikel nur zustimmen. die recherche war miserabel und die potenziale von twittern wurden absolut nicht betrachtet!!!
die sz ist für das web 2.0 noch nicht bereit, das beste beispiel ist immer noch der web-auftritt mit dem schlecht nutzbaren archiv
Die „Leipziger Volkszeitung“ geht übrigens einen Schritt weiter:
„LVZ-Boulevard-Autorin Kerstin Decker twittert vom roten Teppich
Im Leipziger Gewandhaus wurde am Montagabend der diesjährige Mendelssohn-Preis vergeben. LVZ-Boulevard-Autorin Kerstin Decker stand für LVZ-Online am roten Teppich und berichtete live von der Gala in ihrem Twitter-Account unter http://www.twitter.com/lvzboulevard und in unserer Rubrik BouL.E.vard.“
http://www.lvz-online.de/index.html
der artikel in der SZ war sicherlich etwas mau recherchiert und umschrieben, dennoch denke/ „hoffe“ ich der charme des gezwitschers ist irgendwie ansatzsweise in die offline welt getragen wurden. wichtig wäre jetzt auch mal als Sächsische Zeitung den angerissenen weg weiter zu gehen (siehe weltkompakt und co)und sich hier auch einmal (online-)medien offen zu zeigen!
viel erfolg @valeriahei bei der internen kommunikation und beim twittern; ;-)
was ich aber sehr schön finde – und das ist auf jeden fall auch dem @pstawowy, der @safttante und einigen anderen zu verdanken – ist das kontinuierliche wachstum an dresdner twitterianer…
einen (nicht auf vollständigkeit geprüften) überblick gibt es hier: http://twitter.grader.com/search?Term=dresden
ergänzen zum blogeintrag oben, möchte ich an noch schnell einen weiteren dynamo dresden account mit reichlich informationen erwähnen: http://www.twitter.com/dynamodresden
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Warum hat Frau Valeria Heintges ihr Konto gelöscht. Ich hätte Sie gern verfolgt. LG Sachsen2