Besprochen: Das neue Konzept von „Prinz Dresden“

Da werden sich Abonnenten und Kiosk-Käufer der Zeitschrift „Prinz“ Ende Dezember mächtig gewundert haben: Mit der Januar-Ausgabe hat sich das Stadtmagazin, das auch mit einer Lokalredaktion in Dresden erscheint, stark verändert. Der Titel, der insgesamt in 13 Städten erscheint, hat zum Jahreswechsel am Layout gearbeitet und das redaktionelle Konzept stark verändert.

An vielen Stellen erinnert der Titel jetzt an „Neon“ (Gruner+Jahr), einer der erfolgreichesten Zeitschriften-Neugründungen der vergangenen Jahre – etwa bei den Namen der neuen Ressorts „Wahrheit“ und „Konsum“ im mittleren, nationalen Teil. Auch die Optik der Aufmacherseite, mit der die neue Chefredakteurin Nicole Zepter das Heft eröffnet, lässt ebenfalls gleich an „Neon“ denken: irgendwie ein wenig 80er, knallig, werblich, plakativ und doch schick. Retro halt. Kein Wunder, hat der Jahreszeitenverlag zum Relaunch von „Prinz“ doch den ehemaligen Art Director von „Neon“ eingekauft.

Lokaler „Neon“-Abklatsch?

Sehr erfreulich an der ganzen Entwicklung: Die Lokalredaktion darf künftig nicht mehr nur Service-Häppchen mit Adressen und Terminen darunter produzieren, sondern auch mal richtig lange Text schreiben. Echter Journalismus?! Naja, noch nicht so richtig. Denn Themen und Rubriken sind auch irgendwie „Neon“: „Dresden in 5 Minuten“, „Wir lieben Dresden“ (Stadtteilvorstellung), „Die Zahl des Monats“, „Ein Abendessen mit…“ und das Titelthema „100 Wahrheiten über Dresden“ böten der Dresdner Redaktion allesamt die Möglichkeit, im „Neon“-Stil an die Geschichten heranzugehen. Was macht diesen Stil aus? Eben nicht mehr nüchtern und sachlich über ein Themen zu schreiben, sondern fragend und emotional und strikt aus der Perspektive des Lesers (vgl. die „Neon“-Besprechung bei medienlese.com).

Das neue Konzept funktioniert zumindest auf den Dresden-Seiten noch nicht so richtig: Die „100 Wahrheiten“ etwa bergen nur wenig Insiderwissen, wie die Zentrale in Hamburg es vielleicht vorgesehen hatte. Vielmehr ist es eine originelle Sammlung von Anekdötchen, wie sie mancher Reiseführer erzählen mag, und die man durchaus gut lesen kann. Ziemlich misslungen ist die Geschichte zu den Semperopernball-Debütanten im ebenfalls neuen Ressort „Leben“ im hinteren Teil des Heftes, die aus einer Aneinanderreihung von Zitaten besteht und so gar nichts lesenswertes hat.

Mehr Meinung im Lokalteil

Insgesamt aber profitiert der lokale Teil (vorne und hinten, der nationale Teil ist bei „Prinz“ traditionell in der Mitte) vom Relaunch. Vorbei die Zeiten, wo national ein Thema (Friseure, Bars…) angeteasert und die Lokalredation dann mit Service in Form von Adressen die Geschichte komplett machen musste. Dafür gibt es jetzt das lokale Ressort Leben, in dem die Dresden-Redaktion eigene Themen setzen kannkönnte. Die Lokal-Ressorts Konzert, Kultur, Gastro und Nachtleben im hinteren Teil haben nun alle eine Kolumne aus der Dresdner Redaktion und werden so persönlicher und das Blatt damit greifbarer – davon könnte das Blatt dauerhaft profitieren.

In der Summe hat der Titel durch den Relaunch gewonnen – weg von der Belanglosigkeit durch die Aufzählung von Terminen hin zu mehr Charakter. Mal schauen, ob die Dresdner Redaktion das hinbekommt und wie das Publikum darauf reagiert.

[Disclaimer: Der Autor dieser Besprechung war von 2003 bis 2005 selbst Redaktionsleiter „Prinz Dresden“.]

Das sagen andere:

„‚Prinz‘ will zudem bei lokalen Themen mehr und kritisch Stellung beziehen, Dinge einordnen und Mut zur (selbst-) ironischen Meinung zeigen.“ (Horizont: „Radikaler Relaunch„)

„Wir ahnen: Der Prinz wird zur Postille für lebensphilosophischen Neo-Dadaismus.“ (Frankfurter Rundschau: „Schön durch Dynamik„)

„Weniger Hypekram, längere Texte – der Prinz ist älter geworden. “ (Blog Ruhrbarone.de: „Der neue Prinz„)

„Erster Eindruck des aufgehübschten Sprösslings aus dem Jahreszeiten-Verlag: „Prinz“ wirkt.“ (Meedia-Blog von Georg Altrogge: „‚Prinz‘ wirkt: Relaunch beim Stadtmagazin„)

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Ein Gedanke zu „Besprochen: Das neue Konzept von „Prinz Dresden“

  1. Ich freue mich über die positive Entwicklung beim PRINZ, obwohl mich das Konzept an manchen Stellen zu sehr an die Neon erinnert. Aber wenn man sich für den Relaunch den ehemaligen Neon-Art-Director holt, ist das ja nicht wirklich verwunderlich. Vor allem der mittlere Heftteil ist lesbarer geworden und nicht mehr all zu belanglos wie frühere sinnfreie Autotestseiten. Gerade im lokalen Teil sollte das neue Konzept aber noch konsequenter umgesetzt werden. Die Kolumnen müssen frecher und spannender werden. Momentan habe ich nicht gerade das Gefühl die Ressortleiter wären echte Insider auf ihrem Gebiet. Da wünsche ich mir mehr echten Klatsch und Tratsch. Auch die längeren Texte sollten etwas frischer sein, bei der Semperopernball-Geschichte habe ich es nicht geschafft, bis zum Ende durchzuhalten.

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